Social Project - Namibia - Carla

Die Zeit war für Carla auf jeden Fall eine unvergessliche Erfahrung

Vor der Reise

Ich muss zugeben, nachdem ich am Hosea Kutako Airport angekommen war und daraufhin von einem recht schweigsamen Fahrer über eine Schotterpiste zu dem Wildtierreservat/-sanctuary, gebracht wurde, habe ich zwischenzeitlich überlegt, was zur Hölle ich mir hier eingebrockt habe. Dort angekommen, wurde ich allerdings von Puja, eine der Angestellten im Buchungsbüro, und den anderen Freiwilligenarbeitern sehr warmherzig empfangen.

Der erste Tag

Am nächsten Tag wurde ich dann zusammen mit neun weiteren Freiwilligenarbeitern sechs Stunden nach Osten in Richtung der Kalahari-Wüste gefahren, mit einem Einkaufsstopp in der nächsten größeren Stadt, Gobabis, die immer noch ca. 2 Stunden entfernt von dem kleinen Dörfchen Epukiro liegt, in dem die Klinik steht. Seitdem habe ich eine deutlich größere Wertschätzung für die Qualität der Straßen in Deutschland und werde mich, glaube ich, nie wieder über ein Schlagloch beschweren. Bei der Klinik angekommen, wurden wir aber immerhin von Theo, dem Klinikmanager, einem kühlen Haus und einer sehr kuscheligen, aber staubigen, Hündin namens India freundlich begrüßt.

Es geht los

Am nächsten Tag ging es dann auch direkt los mit dem Klinikalltag. Da ich keinen medizinischen oder überhaupt irgendeinen beruflichen Hintergrund habe, waren meine Möglichkeiten natürlich etwas limitiert, aber ich war positiv überrascht von der Fülle an Aufgaben, die ich trotzdem übernehmen konnte! So war eine meiner ersten Aufgaben zum Beispiel das Einsortieren der Medikamentenlieferung, die üblicherweise montags ankommt, wenn sie ankommt, sowie die Verfallsdaten der Medikamente in der Apotheke zu kontrollieren. Und diese mit der richtigen Farbe für das korrespondierte Verfallsjahr zu markieren, falls sie das noch nicht waren.

Darüber hinaus konnte ich auch die Vitalwerte, wie Blutdruck, Puls, Temperatur etc., der Patienten messen, die gerade in die Klinik gekommen waren, die Medikamente für die Patienten heraussuchen und zusammenpacken oder auch während den Untersuchungen Notizen für die Ärztin oder Krankenschwester schreiben, was für mich immer der interessanteste Teil war.

Außerhalb der Klinik gab es ebenfalls viel zu tun. Zum Beispiel habe ich in der Vorschule und dem Kindergarten ausgeholfen und mein Bestes gegeben, mit den Kindern Buchstaben, Zahlen, Formen, Farben, Tiere etc. zu üben, sowie mit ihnen einfach zu spielen, draußen Tänze oder Ballspiele zu machen, sie davon abzuhalten, Legosteine zu essen und vieles mehr. Ich bin sogar mit ihnen zu einem Sportfest gegangen, bei dem sie sich in so typischen Disziplinen wie Sackhüpfen, Eierlauf,  aber auch ungewöhnlicheren wie Drahtautorennen, mit anderen Schulen gemessen haben. Die Kinder haben mich dort wirklich mit am meisten begeistert, denn obwohl sie praktisch nichts haben, sind die unglaublich lebensfroh!

Zweimal die Woche haben wir außerdem Essen für die Frauen und Kinder von Epukiro ausgeschenkt und auch ein Gericht für sie gekocht. Bei der Gelegenheit haben wir den Kindern die Haare mit Anti-Pilz-Shampoo gewaschen, und ggf. eine Anti-Pilz-Salbe aufgetragen, da Ringelflechte dort leider weit verbreitet ist. Außerdem haben wir den Armumfang einiger Kinder gemessen und sie gewogen, um zu überprüfen, ob sie unterernährt sind. In diesem Fall bekamen sie dann eine Kugel von einem Gericht namens „Plumpy Nut“, das ist ein Brei aus Erdnussbutter, Haferflocken, Milchpulver und Öl.

Die ansässige Krankenschwester in der Klinik heißt übrigens Sister Anna (also Schwester Anna) und ist tatsächlich keine Nonne, dafür aber ein Engel. „Schwester“ ist in Namibia nämlich ein häufiger Präfix für eine Krankenschwester. Sie war eine wirklich tolle Mentorin für mich in der Klinik und hat sich auch nicht daran gestört, mir etwas dreimal erklären zu müssen, bis ich es verstanden habe.

Außer ihr gibt es, wie bereits erwähnt, den Klinikmanager Theo, vier Übersetzerinnen, Anna, Letha, Bertha und Kara, die Rezeptionistin Natalia, zwei Lehrerinnen, Frieda und Mimi, die Gärtner und Babilone, der so ein bisschen das Mädchen für alles (oder in diesem Fall der Mann für alles) ist, und echt gutes Brot backen kann. Außerdem kann seine Schwester super schöne Kleider und Röcke nähen!

In der Freizeit

Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen für den Nachmittag war es, mit den Leuten vom Dorf und den anderen Freiwilligenarbeitern Volleyball zu spielen. Dafür haben die Gärtner sogar ein Volleyballnetz aufgebaut! Es war dabei auch toll, zu sehen, wie viele unserer Mitspieler, die vorher noch nie etwas von Volleyball gehört hatten, sich darin über kurze Zeit wirklich stark verbessert haben!

Auf der anderen Seite wurden wir dann zu einem Netball-Spiel eingeladen, eine Sportart, die mir und den meisten anderen der Freiwilligenarbeitern ebenfalls vorher vollkommen unbekannt war und in der wir uns dann auch dementsprechend schlecht geschlagen haben ;) Es ist allerdings ein wirklich interessantes und sehr strategisches Spiel, bei dem man leider auch sehr viel rennen muss.

Fußball haben wir auch gespielt und sogar die Epukiro Premier League gegründet. Ich persönlich habe aber nur ein paar Mal mitgespielt, da ich echt nicht mit den Kids mithalten konnte. Ein häufiges Spiel für die Kinder dort, das mir aber auch viel Spaß gemacht hat, ist übrigens „4 Square“!

Was ich als Joggingstrecke gut empfehlen kann, ist der Weg über den Hügel am Ende der Straße, der einen nicht nur gut ins Schwitzen bringt, sondern auch einen schönen Ausblick auf das Dorf bietet. Eine weitere Empfehlung ist das Restaurant im Dorf, das ist das auffällig orangene Haus, oder jedenfalls die Pommes dort. Das Hähnchen fand ich persönlich etwas dubios, bin aber auch davon nicht krank geworden.

In Epukiro gibt es außerdem zwei kleine Geschäfte oder „Supermärkte“, bei denen man sowohl Snacks und Getränke als auch einige einfache Sachen wie Zahnbürsten oder Deo kaufen kann. Ebenso gibt es gelegentlich ein paar Straßenverkäufer, die sowohl frisches Gemüse und Obst als auch Kleinwaren angeboten haben.

Natürlich sieht man in diesem ländlichen Teil Namibias auch die Schattenseiten der Armut. Wir hatten Patientinnen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden waren. Man sieht Menschen, die in Wellblechhäusern leben und nicht genug Geld haben, um ihren Kindern Essen, geschweige denn heile Klamotten zu kaufen, und Alkoholismus ist leider weit verbreitet, nicht zuletzt, weil Alkohol unglaublich günstig ist. Aber auch das ist Teil des Lebens dort. Obwohl es Projekte gibt, um das Leben dieser Menschen zu verbessern, wird es noch lange dauern, bis die Armut wirklich gelindert sein wird.

Ein besonderes Highlight

Aber zurück zu einem etwas erfreulicheren Thema. Ein besonderes Highlight für mich waren die mindestens einmal in der Woche stattfindenden Filmabende. In der Regel haben wir die ein oder zwei Tage vorher angekündigt und dann abends in der Kirche auf dem großen Fernseher, der dort steht, einen Film gezeigt. Obwohl die meisten Kinder noch kein Englisch verstehen konnten, waren die Filme trotzdem überraschend beliebt bei ihnen. Wobei man bedenken muss, dass die meisten Kids dort sonst keinen Zugang zu einem Fernseher haben. Wenn wir welches da hatten, haben wir dazu auch Mikrowellen-Popcorn gemacht und alles in allem einfach einen netten Abend gehabt.

Eine weitere interessante Erfahrung war es, an der weiterführenden Schule im Dorf Unterricht zu verschiedenen gesundheitlichen Themen zu geben. Wir haben uns hauptsächlich auf Sexualkunde fokussiert, da diese dort nicht unterrichtet wird und die Schülerinnen und Schüler dementsprechend wenig Wissen haben und viele Mythen darüber kursieren. Daher ist Schwangerschaft leider kein seltener Grund, weshalb Schülerinnen die Schule nicht abschließen.

Die Unterkunft

Auch gut zu wissen wäre vermutlich, wie die Unterkunft dort aussieht. Ich persönlich war positiv überrascht von meiner Unterkunft bei der Lifeline Clinic, vor allem, da man beim Medical Project in befestigten Zelten lebt. Aber bei der Klinik gibt es ein Haus für die Freiwilligenarbeiter, mit sechs Zimmern, in dem bis zu 10 Personen untergebracht werden können. Die Zimmer sind mit Bett, Kleiderschrank und Nachttisch simpel, aber nett möbliert und haben auch eine gute Größe. Ich hatte allerdings das Glück, während meiner gesamten Zeit dort in einem Einzelzimmer zu wohnen. Mit zwei Personen in einem Zimmer wird es dann schon kuschelig.

Außerdem gibt es zwei Badezimmer und eine Küche, die an das Wohnzimmer angebunden ist. Die Küche ist ebenfalls gut eingerichtet und bietet alle wichtigsten Küchengeräte (damit meine ich natürlich den Sandwichmaker). Jedoch kommt das Insektenspray dort öfters zum Einsatz, da das viele Essen natürlich unerwünschte Gäste anlockt.

Es gibt auch einen Fernseher im Wohnzimmer, aber ich weiß leider nicht, wie gut der funktioniert, da wir, als große Fans von Kartenspielen, ihn nie benutzt haben. Das WLAN ist insgesamt bescheiden, man hat nämlich nur am Ende des Hauses Empfang, daher würde ich durchaus empfehlen, in eine gute Menge mobiler Daten zu investieren. Wobei das natürlich auch davon abhängt, wie viel man das Internet braucht.

Wildtier-Sanctuary am Wochenende

Eine schöne Abwechslung waren die Wochenenden, die wir in einem nahgelegenen Wildtier-Sanctuary namens Harnas verbracht haben. Dort haben wir dann an einem der beiden Tage, also entweder Samstag oder Sonntag, bei der Arbeit mitgeholfen, was aber durchaus Spaß gemacht hat. Zu den Aufgaben zählte es, diverse Tiere zu füttern, dazu gehörten Hunde und Katzen, Schildkröten verschiedenster Größe, Babykrokodile, ein Baby-Oryx, eine sehr alt grüne Meerkatzen-Dame, eine Armee an Mungos sowie drei Löffelhunde und viele mehr. Noch beeindruckender waren die rund 30 ansässigen Löwen, diverse Geparden, Leoparden und afrikanischen Wildhunde. Den anderen Tag konnte man sich dann entspannen und am Pool räkeln oder die frei herumlaufenden Nashörner am Wasserloch beobachten. Außerdem gibt es dort eine Bar mit viel zu guten Cocktails.

Fazit

Alles in allem war meine Zeit bei der Lifeline Clinic auf jeden Fall eine unvergessliche Erfahrung, die mir viel beigebracht hat und die ich jedem empfehlen würde. Ich hoffe, dass mein Erfahrungsbericht ein wenig Einsicht in den Alltag dort gegeben hat.

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